Mittwoch, 19. Oktober 2011

-6-

Tödliches Leben

Als ich den U-Bahnhof verlasse, beginnt es zu regnen. Um mich herum kramen Passanten hektisch in ihren Taschen, um mit passenden Regenschirmen ihre Frisur nicht zu zerstören oder rennen mit grimmigen Mienen unter den nächsten Hauseingang, um Schutz zu suchen.
Mein blondes Haar wird bei jedem Schritt nasser und dunkler und Wasser dringt mir in die kaputten Schuhe, während ich über mich und mein Leben nachdenke.
Dieses Gefühl des Fallens begleitet mich schon seit einiger Zeit. Es fing an einem späten Abend an. Ich lag mit schwer gewordenen Augen im Bett und war kurz davor,  einzuschlafen, als es einsetzte. Ich zuckte zusammen und schrak hoch, doch anders als sonst setzte das Gefühl nicht aus, sondern nimmt stattdessen immer mehr an Geschwindigkeit zu. Nichts ist mehr an seinem Platz, alles drückt aufs pochende Herz, gefüllt mit kindlichen Wünschen und unrealisierbaren Träumen, die sich in eine giftige, klebrige Flüssigkeit der Trauer und Enttäuschung verwandelt haben. Und nun quellt alles heraus, breitet sich in meinem Körper aus, macht ihn krank, verätzt ihn wie Gift und benebelt meine Sinne.
Der Tod ist in diesem Moment von etwas Lieblichen umhüllt, der von der mich zu Grunde richtenden Liebe befreien kann. Aber ich klammer mich an die Schmerzen, halte am Leben fest, will nicht gehen, noch nicht jetzt, Hoffnung ist meine größte Schwäche. Und wie ich mein Leben betrachte auf der verlassenen Straße kurz vor meiner Tür, kommt von einem zum anderen Moment das Gefühl auf, dass alles zerstört ist, zerissen, kaputt, weg. Und ich frage mich: Was will ich verdammt?

Glück. Zuversicht. Liebe.
Leben (?)

Auf einige warten zu Hause sie liebende Familien, auf manche der Partner, vielleicht sogar schon mit gekochtem Essen, auf andere die Katze, die sich auf ihren Füßen zusammenrollt, sobald sie die Tür geöffnet haben oder der Hund, der sie schon von weitem mit freudigem Bellen begrüßt.
Auf mich wartet...wenn ich das nur wüsste.

2 Kommentare: