Montag, 5. September 2011

-2-

Schritte erklingen auf der Straße. Er kommt zurück und ich tue so, als hätte ich mich rein zufällig auf die Türschwelle gesetzt. "Willst du alleine sein?", fragt er, während er sich wie selbstverständlich neben mich setzt. Es folgt ein leichtes Schulterzucken meinerseits, unterdessen versuche ich vergeblich, meinen Blick gesenkt zu halten. "Mir egal." Ich schmolle, manchmal bin ich unglaublich zickig, das weiß ich. Wie man das abstellt, weiß ich jedoch nicht. Er schaut mich verwirrt an, macht Anstalten, wieder auf zu stehen, aber entscheidet sich um und lässt sich erneut neben mir nieder, ein bisschen näher als zuvor. Seine Hose ist zerrissen und sein Hemd falsch zugeknöpft. Er ist barfuß gelaufen, als er seine Nachbarin zur Ubahn gebracht hat und seine Fußsohlen sind schwarz wie Asche. Seine Lippen bewegen sich. Ich starre sie an und frage mich, ob er das Mädchen wohl zum Abschied geküsst hat. "Sorry?" Ich habe kein Wort verstanden, verfluche die freie Hippie-Liebe und dass ich nie die Einzige sein kann. Verfluche mich, die ihn doch kaum kennt und trotzdem so einen Aufstand macht. "Ich habe gesagt, dass jeder etwas tierisches in sich hat, wusstest du das?" Ich kann ein kleines Lächeln nicht unterdrücken und der Ausdruck auf seinem Gesicht entspannt sich.
 "Ach ja? Welches Tier habe ich denn in mir?", erwider ich leicht amüsiert. Seine Augen blitzen auf. "Eine Katze ... und eine Maus" Maus, graue Maus, schießt mir durch Kopf und ich wende mich ab. Ich rede nicht viel mit Leuten, denen ich nicht vertraue, weil ich Smalltalk abgrundtief hasse. Es ist das Sinnloseste, das es gibt, finde ich, und erinner mich an die Male, in denen ich es schon über mich ergehen lassen musste. Sprechen, um nich allein dazustehen, nicht richtig zuhören, weil es einen ja eigentlich gar nicht interessiert. So etwas brauche ich nicht. Wenn ich deswegen eine graue Maus bin, bitte.. Er dreht mein Gesicht zu sich und sein Blick lässt Besorgnis erkennen "Woran denkst du?", fragt er leise. Ich bin ihm aufeinmal so nah, dass es für mich ein Leichtes wäre, ihn zu küssen. "An graue Mäuse" Er lacht dieses schöne Lachen, das ich so gerne höre, weil es mir jedes Mal aufs Neue Gänsehaut bereitet. "Was ist das Besondere an grauen Mäusen?" Verblüfft hebe ich meinen Blick, um zu erkennen, ob er es ernst meint. Er tut es. "Gar nichts, das ist es ja." "Dann bist du ganz sicher keine graue Maus" Dieser Junge macht mich wahnsinnig, ich streiche mir nervös eine blonde Strähne aus meinem Gesicht, weil ich nicht weiß wohin mit meinen feuchten Händen. Er findet, ich bin besonders.

Ich krame in meiner braunen Ledertasche, die egal zu welchem Anlass immer überfüllt ist, mit Dingen, die ich vielleicht brauche oder Sachen, die ich vergessen habe, auszuräumen. Manchmal frage ich mich, wieso ich sie überhaupt mitnehme, ich finde eh nichts in ihr. So auch nicht meine Zigaretten, um etwas in der Hand zu haben. Also springe ich auf, unterschätze den Alkohol und bleibe einen Moment stehen, bis sich die Welt unter meinen Füßen nicht mehr bewegt und die Tür vor meinen Augen aufhört hin und her zu schwanken. Ich nuschel etwas von Zigaretten vor mich hin und renne an ihm vorbei nach oben. Dort schnappe ich mir eine Schachtel, die auf der Kommode liegt, gehe auf den Balkon und setze mich auf den Schoß eines Fremden, weil mir das Stehen schwer fällt. A. rennt mir hinterher, läuft an Mädchen vorbei, die ihn anschmachten oder auch nicht, was weiß ich schon, am liebsten will ich aufhören zu denken und schlafen gehen, aber jedesmal, wenn ich mich hinlege, habe ich das Gefühl mich übergeben zu müssen. "Führen wir unser Gespräch noch weiter?" Ich habe Angst, bin verklemmt und drauf. Meine Zigarette fängt in meiner Hand an zu brennen und nach dem letzten Zug will ich sie auf den Boden werfen. Sie landet auf meiner Strumpfhose und hinterlässt ein Loch auf meinem Knie, aus dem sich schnell eine Laufmasche über mein Bein verteilt. Als ich zusammenzucke, legt der Junge unter mir seine Hände um mich. A. hebt eine Augenbraue und macht sich auf den Weg zum Dach. Kaum ist er aus der Tür verschwunden, zieht es mich zu ihm und als ich hinaufgeklettert bin, lege ich meinen Kopf auf seinen Bauch und er streicht über meine Haare. Es ist eine tiefe Ruhe zwischen uns, wir sehen uns die Sterne an und es kommt mir mehr als kitschig vor, als eine Sternschnuppe an uns vorbeifliegt. Er findet, ich bin besonders.

6 Kommentare:

  1. Ja, wahrscheinlich hat dein Vater Recht. Gibt es überhaupt solche Freundschaften? Läuft da nicht sowieso immer ein bisschen mehr, als man zugibt? Vielleicht sogar mehr, als man selbst wirklich will?

    Süßer Blog, ich finde du schreibst richtig schön! Überzeugt mich total! Du hast'n Leser mehr! ;*

    AntwortenLöschen
  2. Dankeschön. ;*
    dein Blog gefällt mir auch. ♥
    Ich liebe deine Texte. ;)

    AntwortenLöschen
  3. Darf ich deinen Blog auf meinem verlinken?

    AntwortenLöschen
  4. Ich danke dir, für dein Cmt :)
    WUnderbarer Text :)

    AntwortenLöschen
  5. Ich liebe deinen Blog! :) Du schreibst einfach toll, du hast echtes Talent!

    AntwortenLöschen
  6. du schreibst gut*_*
    sind das nur geschichten oder sind sie war?♥

    AntwortenLöschen